24.04.2024

Die meisten Teams wollen später anfangen

Eng umschlungen: Das erste Spiel nach der Coronapause absolvierte die HSG Fürth/Krumbach (am Ball Philip Bund) beim HC VfL Heppenheim. Der geplante Saisonstart wird sich jetzt nicht nur bei den Fürthern um vier Wochen verschieben. Bild: Fritz Kopetzky

Handball: Die Mannschaften bereiten sich zwar vor, wissen aber nicht, wie es weitergehen soll / Fehlende Einnahmen machen zu schaffen / Trainer Jens Becker regt Saison mit Freundschaftsspielcharakter an

Kreis Bergstraße. Spielen oder noch abwarten: Hessens Handballer sind mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison – auch wenn der Start noch offen ist. Nach einem mehrtägigen Wirrwarr im Hessischen Handball-Verband lautet die offizielle Sprachreglung nun so: Der Rundenstart wurde auf den 17. Oktober verschoben, den Mannschaften wird aber weiterhin die Möglichkeit eingeräumt, ihre ersten Punktspiele – wie zuvor geplant – bereits ab dem 12. September auszutragen. Im Odenwald verspüren die Mannschaften aber dazu wenig Lust, allgemein wird eine Verschiebung begrüßt – und es überwiegt die Skepsis, ob überhaupt eine reguläre Runde gespielt werden kann.

Mehr Zeit zum Vorbereiten

Trainer Stefan Eger vom Landesliga-Absteiger HSG Fürth/Krumbach war von Anfang an für einen späteren Saisonstart. „Mir kommt es entgegen, um mehr Zeit mit den Jungs zu haben. Außerdem haben die ehrenamtlich agierenden Vorstandsmitglieder nun viel mehr Zeit, um alle Bedingungen zu klären und vorzubereiten“, sagte Eger, der seine Mannschaft in der Vorbereitung schon gut in Form sieht. „Warum man den Saisonstart so früh geplant hat und sich selbst unter Druck gesetzt hat, ist mir – wie der Saisonabbruch mit den voreiligen Entscheidungen – sowieso schleierhaft“, sagte Eger.

Auch der ursprünglich geplante erste Gegner der Fürther, die HSG Weschnitztal, wird später starten. „Wir sind alle der Meinung gewesen, dass wir uns dem offiziellen Termin vom 17. Oktober als ersten Spieltag anpassen werden“, teilte Abteilungsleiter David Wieder nach einer Vorstandssitzung mit. Die HSG möchte eine einheitliche Regelung. Sollte die Hinrunde unterbrochen werden, würden die anfänglich ausgetragenen Spiele ohnehin annulliert werden. Wieder: „Außerdem ist es für die Spieler einfacher, in einen Rhythmus zu kommen, wenn man nicht einzelne Spiele vorzieht.“ Die HSG habe nun etwas mehr Zeit, die verstärkten Auflagen und das Hygienekonzept für Spiele mit Zuschauern vorzubereiten.

Im Juni begann beim TV Siedelsbrunn mit dem neuen Trainer Peter Jano und drei neuen Spielern die Vorbereitung, weil man von einem Beginn Mitte September ausgegangen war.

Das Training wieder reduziert

„Peter hat auch so seinen Trainingsplan gesteuert und die Einheiten entsprechend getaktet. Nun heißt es Mitte Oktober. Wir haben vorerst das Vorbereitungstraining, welches mehr Einheiten pro Woche beinhaltet, ad acta gelegt und trainieren nur noch zweimal die Woche – so wie wir es in der Runde auch tun“, sagte Siedelsbrunns Abteilungsleiter Timm Ehret.

Der TV 02 versuche nun, so viele Testspiele als möglich zu organisieren, um die Spannung hochzuhalten und auch den Spaß in der Truppe aufrechtzuerhalten. „Keiner spielt Handball für das Training, wir spielen es für die 60 Minuten am Samstag und Sonntag. Auch das Trainingslager Anfang September wurde vorerst gestrichen“, sagte Ehret.

Sollte sich abzeichnen, dass der derzeit anberaumte Termin Mitte Oktober zu halten ist, werde man den Trainingsplan kurzfristig anpassen und das Training wieder anziehen, auch das Trainingslager soll dann nachgeholt werden. „Der Bezirk hat es den Teams freigestellt, freiwillig in Absprache mit den anderen Teams früher zu starten. Davon nehmen wir aber als Mannschaft, wie auch als Verein Abstand“, so der Abteilungsleiter.

Finanziell ist die Situation eine Herausforderung, da den Vereinen die Einnahmen beispielsweise durch Zuschauer fehlen. Mit dieser Problematik hat sich der TV 02 auch schon an den Verband gewandt. „Es wird nur verschoben und keine wirkliche Entscheidung getroffen“, so Ehret. Die Vereine müssten die Trainer zahlen und hätten keine Zuschauereinnahmen oder Einnahmen aus Bewirtung. „Meine persönliche Meinung dazu ist: Lieber eine unbeliebte Entscheidung treffen und die Saison im Januar mit einer einfachen Runde starten. Gegegenbenfalls können Auf- und Absteiger in Turnierform analog der Fußball- Champions-League ermittelt werden“, sagte der Abteilungsleiter. So könne man einerseits die Gesundheit der Spieler gewährleisten und unter Umständen ab Januar mit Zuschauern starten „und die Trainer noch mal in den Urlaub schicken und so die Vereinskassen entlasten“, meinte Ehret.

Die Trainingseinheiten finden „coronasicher“ mit ausreichend Desinfektionsmitteln, ohne Aufenthalt in Kabinen oder engen Räumen statt. Die Umkleiden und Duschen sind gesperrt. Die Spieler kommen bereits umgezogen zum Training und verlassen die Halle nach Trainingsende umgehend und zügig, teilte der Abteilungsleiter mit.

Die Meinung geändert

Trainer-Routinier Jens Becker vom Bezirksoberligisten SV Erbach hat sich ebenfalls ausführlich Gedanken gemacht in Bezug auf die neue Handball-Saison: „Eigentlich hatte ich dafür plädiert, im September zu beginnen. Denn was machen denn die Mannschaften, die erst im Oktober starten? Die machen doch dann noch Testspiele. Dann können sie auch gleich die Pflichtspiele absolvieren. Doch je länger ich nachdenke, desto mehr komme ich zur Überzeugung, dass unter den besonderen Umständen eine Saison unter Freundschaftsspiel-Aspekten am besten wäre. Es gibt keine Absteiger, keine Aufsteiger – und wenn in einer Stadt die Fallzahlen hochgehen, dann sollen die entsprechenden Teams pausieren. Es wird ohnehin keine komplette Saison geben.“

Auch die Frauenmannschaft des TV Siedelsbrunn wird in der Bezirksoberliga erst im Oktober starten. „Aufgrund der aktuell steigenden Infektionszahlen und den für den Spielbetrieb notwendigen Vorschriften haben wir uns dazu entschieden – auch wenn wir sportlich auf einen Start im September hingearbeitet haben“, sagte Trainer Daniel Werner. Am vergangenen Wochenende führte die HSG ihr bereits geplantes Trainingslager durch, obwohl schon die Verschiebung feststand. Insgesamt vier Trainingseinheiten und zwei Testspiele wurden unter den gültigen Hygienevorgaben durchgeführt. Die Spiele gegen die HSG Rodenstein und HSG Erbach/Dorf-Erbach konnten dabei beide gewonnen werden.

Moritz Brandt, Trainer des Männer-Bezirksoberligisten HSG Bensheim/Auerbach, hätte dagegen gerne schon zum ursprünglichen Termin begonnen: „Uns stehen derzeit alle Möglichkeiten zur Verfügung und wir könnten unsere Spiele durchführen. Alles natürlich unter Berücksichtigung der Corona-Fallzahlen“, erklärt Brandt.

Dennis Rybakov, Coach der Bezirksoberligisten Tvgg Lorsch, sieht es nach Gesprächen mit seiner Abteilungsleitung genauso: „Wir wollen nach Möglichkeit am ursprünglichen Termin festhalten. Die Gefahr ist doch, je später wir beginnen, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es gar nicht losgeht“, befürchtet Rybakov eine komplette Absage der Runde. „Wir gehen davon aus, dass es ohnehin im Laufe der Saison zu Unterbrechungen kommen wird. Aber gerade deshalb wäre es in meinen Augen sinnvoll, unter strengen Hygieneregeln zu spielen, solange es möglich ist.“

Sascha Köhl, Trainer des Frauen-Bezirksoberligisten HC VfL Heppenheim will die ersten vier Gegner kontaktieren, ob sie schon im September starten wollen. „Dann probieren wir es. Aber ganz persönlich gehe ich davon aus, dass die Runde nicht stattfinden wird.“ Damit ist er auf der Linie des Landesligisten TV Groß-Rohrheim.

Hohes Infektionsrisiko

Dessen Abteilungsleiter Hans-Peter Erlemann begrüßt zunächst einmal die Verschiebung des Saisonstarts, „aber wir stehen der gesamten Durchführung der Runde sehr skeptisch gegenüber. Wir haben schon vor einigen Wochen gesagt, dass wir spielen, wenn die Runde stattfindet. Aber Verständnis haben wir keines dafür; der Amateursport ist mit einem hohen Infektionsrisiko behaftet und das ist kein Vergleich mit den Profi-Ligen im Fußball oder im Handball, in denen die Spieler regelmäßig getestet werden.“

Erlenmann verweist zudem auf einige Spielerinnen und Spieler – nicht nur in Groß-Rohrheim – , die jetzt schon geäußert haben, in der aktuellen Situation nicht spielen zu wollen. beg/met

Quelle: Odenwälder Zeitung, 27.08.2020